Die chilenische Webmeisterin Maria Teresa Curaqueo Loncón war mit ihrem Sohn Lientur Alcapan Curaqueo für vier Wochen auf
Deutschlandreise und machte auch Station in unserer Werkstatt - eine begeisterte Frau, mit der wir sicherlich noch viel länger gefachsimpelt hätten über Wolle und Färben, Weben und Handwerk an sich, wenn der Zeitplan für ihren Besuch nicht so irre eng gewesen wäre. Der Besuch ist schon vier Wochen her, wir kommen allerdings erst jetzt dazu, darüber zu schreiben.
Maria ist auf Einladung des
Netzwerks sevengardens nach Dinslaken gekommen, wo sie von unserer Spinntreff-Freundin Sigrun Kampen, die für das Thema brennt, beherbergt wurde, nur eine Station von vielen, wo sie Besuche, Vorträge, Diskussionen und Kurse in Deutschland abhielt. Maria Teresa Curaqueo Loncón setzt eine lange Webtradition in ihrer Familie fort. Begleitet wurde sie von Anna Piquardt, die Lateinamerikanistik studiert hat und ihre Magisterarbeit über die Webarbeiten der Mapuche, des Volkes Marias schrieb. Sie übersetzte bei Maria Teresas vierwöchigem Besuch in Deutschland und übersetzte auch in unserer Werkstatt gekonnt selbst die seltsamsten Fachausdrücke. Gefördert wurde die Reise durch Brot für die Welt und das Bistum
Hildesheim.
Maria erzählte uns beeindruckend von der Lage in ihrem Land, fragte uns aber vor allem ganz viele Löcher in den Bauch. Vor allem mit Sabine tauschte sie Erfahrungen aus der Pflanzenfärberei aus, die integraler Bestandteil ihrer spirituell motivierten Webkunst ist.
Dass in Deutschland Webereien in den meisten Fällen nichts Sprituelles hat, sondern auch Gebrauchsgegenstände wie Geschirrtücher gewebt wurden, war für Maria eine Überraschung, sind doch die Webkünste der Mapuche viel tiefer inspiriert:
"Maria
Teresa Curaqueo Loncón lebt in Padre Las Casas, rund 680 Kilometer
südlich von Chiles Hauptstadt Santiago. Dort betreibt sie eine
eigene Werkstatt, arbeitet im Mapuche-Kulturzentrum mit und
unterrichtet die gleichnamige traditionelle Kunst des Webens. Es ist
ihr Ziel, die alten Webtechniken und das Wissen der Mapuche zu
erhalten und weiterzugeben. Sie gehört zu diesem indigenen Volk, das
im Süden Chiles und Argentiniens lebt und örtlich bis heute
diskriminiert wird. Die Textilkunst der Mapuche hatte eine tiefe
Bedeutung, die mit der gewaltsamen Angliederung an Chile immer mehr
verloren ging. Es wurde nicht nur ihre Sprache verboten, sondern auch
das Weben beispielsweise von Kleidung für religiöse Feste. Die
Mapuche, die sich Menschen der Erde nennen, haben ihre Kultur über
Jahrtausende in die Textilkunst eingewoben, so etwa in die
traditionellen Stirnbänder oder auch in Ponchos, die einst den
Status ihres Trägers beschrieben. Dieses kollektive Gedächtnis
möchte Maria Teresa Curaqueo Loncón mit ihren Forschungen
rekonstruieren und bewahren, um es an die junge Generation
weiterzugeben. Entgegen kommt ihr dabei, dass die Jugend ihres Volkes
heute wieder sehr an der eigenen Sprache und am Erhalt von Kunst und
Kultur der Mapuche interessiert ist.
Das Tragen der
traditionellen Kleidung ist Ausdruck ihrer kulturellen Identität und
auch ihres Stolzes. Die Weberinnen wurden früher wegen ihres Wissens
und Könnens hochgeschätzt. Heute stärkt das Einkommen durch den
Verkauf von Webarbeiten die ökonomische Situation der Frauen und
ihrer gesamten Familie. Durch das Weben wird aber auch insbesondere
ihre Identität als Mapuche gestärkt.
Das Leben von Maria
Teresa Curaqueo Loncón, traditionelle Weberin und Designerin, ist
von dem Kampf um die Anerkennung ihrer Kultur geprägt. Weben als
Form des Widerstands. Webend macht sie die Vitalität der Kultur der
Mapuche sichtbar. Vermittelt mit Leidenschaft das alte Wissen, das
darin verborgen ist." (Sigrun Kampen)
Leider rief nach einer guten Stunde der Bürgermeister, so dass die drei überaus netten Menschen uns bald wieder verlassen mussten - ein Strang cochenillegefärbter Wolle von Sabine zog allerdings mit und wird vielleicht eingebracht in ein Webwerk der beeindruckenden Dame.
Hier noch Links zu dem Projekt Sevengardens, das Sigrun sehr am Herzen liegt (und an dem der von ihr geleitete Kindergarten teilnimmt) und Metropole machen: www.metropole-machen.org
Danke für den Besuch an Maria, Anna und Lientur und danke an Sigrun für die Vermittlung!
Ich bin beeindruckt - das Weben einen solchen Hintergund haben kann ! Kann man die Arbeiten der Meisterin irgendwo im Netz bewundern ? Danke für diesen tollen Bericht !
AntwortenLöschenLG Gabi
Hallo Gabriele,
Löschensoweit ich das sehe, hat Maria einen Facebook-Account, da ich selbst aber keinen habe und keinen besitzen werde, war ich nicht dort...
Lustigerweise trug unser Besuch geschlossen schlichtes Schwarz ;D. Eine nette und interessante Begegnung...
LG, Géraldine